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Inhalt:
Das FBI jagt diverse Serienkiller. Der Chef der Gruppe ist Jack Crawford (Morpheus), ein relativ erfahrener Profiler. Bei manchen Fällen kommt er allerdings nicht weiter, weswegen er sich Hilfe holt. Hier kommt Will Graham (Hugh Dancy) ins Spiel. Der ist ein Berater/Lehrer für das FBI, ein Genie, dass sich perfekt in die Gedankenwelt eines Täters eindenken kann, allerdings dafür unter massiv vielen Neurosen und diversen psychischen Störungen leidet. Damit Graham einigermaßen normal läuft wird ein weiterer Berater geholt, dieses mal Dr. Lecter (Mads Mikkelsen) und noch so eine Beraterfrau (Caroline Dhavernas).
Kontext:
Die Serie hat wenig mit der eigentlichen Handlungen der populären Hannibal-Filme zu tun (gottseidank, fu Hannibal Rising / Hannibal), die Figuren basieren noch am ehesten auf dem Roman (!) Roter Drache von Thomas Harris - ähnlich wie in Elementary oder Sherlock. D.h. dass die Figuren eimal deutlich in die Moderne (iirc hat der Roman in den 60ern/70ern gespielt) verlegt werden und auch heftig neu-interpretiert werden. Das sollte man nicht vergessen. Deswegen ist:
Ich weiß nicht ob ich mir das geben will. Hannibal Rising war schon so unterirdisch. Hannibal Lecter ist einfach Anthony Hopkins.
nicht so schlimm. Im Gegenteil, wenn man die ersten Bücher von Harris mag, dann ist die Serie teilweise schon brilliant. Es gibt unendlich viele kleine Anspielungen (Dr. Chillton, 'the nurse incident', Crawfords Frau, Grahams Hunde, der Wundenmann, ...) auf die Bücher, die wirklich den Stil der Serie abrunden. Allerdings gibt es auch krasse Abweichungen.
Abweichungen von der Buchvorlage (Spoilerfrei, denke ich):
Crawford:
Crawford ist in den Büchern (Schweigen der Lämmer, Roter Drache) eigentlich kaum ein Profiler, mehr der typische FBI Abteilungschef. Er hat relativ viel Ahnung, ist sehr sympathisch und sorgt sich für seine Agenten. In der Serie wird er mehr ins Zentrum gerückt, ist recht karriereorientiert und verliert viel von seinem eigentlichen Bild - dafür wird mehr über seinen Hintergrund gesagt. Eigentlich passt Fishburne recht gut und kommt nicht als Quotenneger rüber.
Graham:
Graham ist einer der beiden Charaktären, die komplett geändert wurden. Im Buch war er FBI Agent, ist allerdings nachdem er und Lecter enttarnt hatte (keine Ahnung ob es in der Serie vorkommt)
und sie sich gegenseitig fast umgebracht hatten
Freddie Lounds:
ist eine Frau. Geht schon, ist das gleiche wie im Buch auch, allerdings ist 'sie' wichtiger. Wie eine Mischung aus Cersei und Joffrey, absolut hassenswert und fertig mit der Welt.
Lecter:
absolut grandios inszeniert. Treibt wieder Psychospiele, lässt den reinen Soziopathen komplett durchscheinen, hat die gleichen Eigenschaften wie in den ersten beiden Filmen. Wirkich guter Schauspieler, wirklich richtig gut, ohne irgendwelche Abzüge. Der leichte Akzent passt auch gut zu Lecters Biographie aus den Romanen.
Kritik:
Egal wie verzerrt Graham dargestellt wird, es passt eigentlich zur Serie und auch zum Stil. Allerdings wird er oft als Übermensch dargestellt, der er definitiv nicht ist - ähnlich wie Sherlock in Elementary. Das nervt jede Folge für mindestens eine Minute, genau wie Sherlock fünf Sendungen in seinen Fernsehern anschaut, löst Graham die Morde, in dem er sie ohne weitere Hinweise wieder durchlebt. Trotzdem gibt es genug Lücken, also kann man es akzeptieren.
Pro:
Lecter. Einfach genial, die Grundstimmung wird in der Serie ob längerer Sendezeit gut herausgestellt. Wer die Filme/Romane von Hannibal und Hannibal Rising kennt, der wird wahrscheinlich das Kotzen bekommen - hier wird Lecter als absoluter Übermensch ohne Fehler dargestellt, was gerade die Hinweise aus Roter Drache komplett in den Dreck zieht. Hier ist Lecter zwar das Genie, allerdings wird er nicht überkontrastiert und die Balance gehalten. Noch besser: gerade in Schweigen der Lämmer kommt Hannibal so gut rüber, da er immer präsent ist, allerdings (fast) nie in der eigentlichen Szene vorhanden. Ähnlich hier - Hannibal hat relativ gesehen wenig Screentime, ist aber immer in den Köpfen der Akteure.
Außerdem sind die vielen Details zwischen Roman und Buch einfach genial. Macht Spaß, man weiß in etwa was kommen wird, allerdings spielt das wie eine größere Rolle. Die Twists passen ins Bild, die Serie nimmt schnell fahrt auf und selbst das, was man weiß, wird einfach komplett neu interpretiert. Manche von Lecters Eigenschaften / Morden werden auf andere Morde interpretiert, man lernt mehr über wirkich alle Figuren, die auch ins Bild passen.
Zusammenfassung:
Wenn man Lecters Psychospiele gut fand, dann ist es die Serie definitiv wert. Warnung: die Morde und die Täter lassen sogar Dexter als Weichei dastehen, es ist mit Abstand die brutalste Serie, die ich jemals gesehen habe. Mit der Kamera wird fast immer draufgehalten, auch wenn man die Tat nicht sieht.
Es ist eben eine Neuinterpretation, mit den Filmen hat die Serie nur am Rand zu tun. Damit muss man klar kommen!