Ist das eigentlich am Ende so. Ich kenn mich nicht genug aus im amerikanischen SOzialsystem, aber hab im Econ Phd

gelesen, dass Obamacare den wirklich armen gar nicht so hilft, da sie zugang zu medicaid (oder wie immer es geschrieben wird) hatten. Dadurch, dass viele der schlechte Risiken jetzt tatsächlich versichert wurden, sind die Prämien für viele in Mittelklasse Haushalte tatsächlich eher hochgegangen.
In der Hinsicht muss man sagen, dass es dazu keine wirklich Analyse in der Presse gibt. Bei uns heisst es gleich nur 22 Mio mehr Leute in die Versicherung!11!! GG
k.a. Gustavo kennt sich damit eventuell besser aus
Medicaid ist ein block grant von der föderalen Ebene für die Staaten, d.h. jeder Bundesstaat konnte das Programm ausgestalten wie er wollte. Ein paar Staaten haben das relativ umfassend als Krankenversicherung für die working poor genutzt, aber viele Staaten hatten so krasse Zugangsvoraussetzungen (einerseits musste man eine Familie haben, andererseits durfte man aber auch nur so wenig verdienen, dass eine Familie zu unterhalten quasi nicht möglich war), dass nur wenige Arme tatsächlich abgedeckt waren. Obamacare wollte das verallgemeinern, so dass jeder berechtigt gewesen wäre, der weniger als 133% der Armutsgrenze verdient. Dazu hätte Obamacare erlaubt, den Staaten sämtliche Medicaid-Mittel zu streichen, die die Bundesstaaten jetzt schon bekommen, wenn sie das Programm nicht ausweiten, was effektiv wohl bedeutet hätte, dass fast jeder Staat es hätte machen müssen. Die Regelung ist aber durch den Supreme Court gekippt worden, weshalb jetzt jeder Staat frei aussuchen konnte, ob er bei seiner alten Regelung bleibt oder die neue Regelung einführt (die Differenz in den Kosten hätte am Anfang die föderale Ebene zu 100% gezahlt und wäre dann schrittweise auf knapp 90% runtergegangen, d.h. Bundesstaaten hätten nie mehr als 10% der Kosten getragen). Gerade in den republikanisch dominierten Staaten haben fast alle Gouverneure nicht ausgeweitet, deshalb haben die Armen dort nicht profitiert, weil auch kein anderer Mechanismus aus dem Gesetz für sie greift. Insofern gab es schon eine große Bevölkerungsgruppe, die nicht profitiert hat, aber das war nicht unbedingt die Schuld des Gesetzes.
Für die Leute die nicht über Medicaid versichert sind muss ich sagen, dass die Berichterstattung in den USA ein bisschen krude ist. Man liest nur über die Teuerungsraten der Beiträge, aber selten dass 80% der Leute davon effektiv nicht betroffen sind, weil die subsidies den Eigenanteil an diesen auf einen absoluten Betrag deckeln, der vom Einkommen abhängig ist, nicht von der Höhe der Beiträge. Das meiste Gejammer, das ist lese, ist effektiv eigentlich nur von zwei Gruppen von Leuten: Junge, gesunde Menschen (meist Männer*), die es scheiße finden, dass sie als gute Risiken die anderen quersubventionieren und Leute, die vorher total löchriges coverage hatten und jetzt deutlich mehr zahlen müssen, aber halt auch tatsächlich im Zweifelsfall abgesichert wären, was sie vorher nicht waren (ist ihnen bloß nicht aufgefallen, weil sie keine größeren Krankheiten hatten, die ihnen hohe Kosten verursacht hätten). Insgesamt ist es imho schwierig, das Gesetz nicht als großen Erfolg zu sehen, soweit man in so einem kaputten System wie dem amerikanischen halt große Erfolge erzielen kann.
*Frauen werden zwar nicht häufiger krank, aber die meisten jungen Frauen verursachen spätestens bei der Geburt ihrer Kinder hohe Kosten, die bei Männern nicht anfallen