Vor einiger Zeit fragte mich Kamerad Brulu „The Ebdon“ Schwulu, natürlich mit seinen großen Hunde-Welpen-Augen, ob ich denn meinen Hesse schon gelesen hätte, ferner noch, ob der Hesse mich interessierte, und inwiefern ich mich bereit erklären würde eine Rezension zu verfassen. Ich dachte kurz über die Anfrage nach, zuckte mit den Schultern, rettete mich dann in vage Aussagen und hatte kurz darauf den Dialog vergessen.
Tatsächlich holte mich das Glasperlenspiel später wieder ein, als ich die enorme Lektüre an einem windigen, durchregneten, rundherum garstig-hesslichem Tag am Fürther Bahnhof zeittotschlagend erneut versuchte. Der Tag verbesserte sich durch die Lektüre enorm, erreichte undenkbare Höhen, da ich Fürth nicht mehr lange als die Nachgeburt Nürnbergs wahrnahm, die faden und tristen Gestalten interessante Konturen gewannen und sogar der Anschein erweckt wurde, dass alles nicht so schlimm ist. Es gibt ja immer noch die nächsten 700 .epub-Seiten des Glasperlenspiels.
Prinzipiell stellt dieses Buch den Traum jedes Deutschlehrers der Oberstufe dar, da es jedwede Interpretation zulässt, die einem normalen Menschen starke Irritationen verspüren und die drei philosophischen Grundfragen ins Gedächtnis ruft: Wo kommt ein Verlag her, der so etwas druckt? Was ist der Sinn und Zweck dieser Vergeudung von Druckertinte? Warum kann eine Reise nicht mit einer Bücherverbrennung enden?
Ein erster Eindruck täuscht selten. Sobald etwa MusikantINNEN Titten brauchen, um den technisch hochwertig gemachten Gesang zu unterstreichen, dazu noch „Tanz“ einsetzen, dann ist die Musik meist epische Grütze, den man nur mit viel Drogen oder wahlweise hartem Alkohol ertragen kann. Bei Hesses Glasperlenspiel fing es schon mit der „totalen Einleitung“ an, obwohl der Autor, der vorgibt ein Autor einer Biographie (wie intellektuell) zu sein, behauptete, es müsste - nein - es könnte keine Einleitung über das Leben von Ludi-Magister Dingenskirchen geben, weil es „das Glasperlenspiel ©“ erklären müsste, und das ist nicht erklärbar. Und es wird wirklich nicht erklärt. Daher geht der Namen dieser mongoloiden Deutschpopband auch klar. Es passt. Nomen est omen. Latein wird ganz groß geschrieben, es erscheinen Sätze, die selbst ohne den drögen Text außenrum schon unfassbar uninteressant sind. Erkenntnisgewinn Null, Motivation nähert sich dem Bodenlosen.
Dann beginnt das Buch endlich: Es wird Dingenskirchen vorgestellt. An diesem Punkt erinnere ich mich wirklich nicht mal an den Namen des Protagonisten. Der ist Waise und soll zum Weisen werden. Nach katholischer Tradition wird das Kind mit anderen männlichen Kindern eingesperrt, muss musizieren (hoffentlich hat er eine hohe Stimme und feine Glieder), wird von alten Männern betreut und …
An diesem Punkt erwähne ich, dass ich die Biographie des Autors, der vorgibt ein Biograph zu sein, nicht kenne. Wäre es Kafka, hätte er Probleme mit seinem Vater. Erscheint mir ein gutes Motiv, also wird es einfach auf Hesse projiziert.
Weiterhin sollte ich erwähnen, dass Brulu „the slow pot“ Schwulu mir erzählte, es handle sich um eine Dystopie (oder so was), weil „es in der Zukunft spielt“. Wikipedia bestätigt dies. Es tut nichts, aber auch gar nichts, zur Sache.
… also kann ich mir auch irgendwelche Fakten aus den Fingern saugen um die Geschichte in Retroperspektive interessanter zu machen...
Erst in der Übertreibung der Dinge werden sie klar und einsichtig. Natürlich muß man in der richtigen Richtung übertreiben.
… dann passiert zwischen den Zeilen das, was man sowieso in diesem Umfeld erwarten könnte. Dingenskirchen wird durch die (vielleicht nur geistig-platonisch vollzogene) Vergewaltigung zum vollendeten Antihelden einer jeden Person, die Twilight hasst und mit romantischen Spinnereien nichts anfangen kann.
Natürlich geschieht das, was geschehen muss. Nichts. Gnädig wäre es „und das ist das Ende“ zu schreiben. Aber so einfach kommt der Leser nicht davon.
Die nächste Etappe führt Dingenskirchen zu einem greisen Musikmeister, mit dem „Geige spielt“ (das Instrument ist beliebig, ich erinnere mich auch hier nicht wirklich). Was dieser Euphemismus bedeuten soll, das dürfte jetzt klar sein. Hierbei zeigt sich Dingenskirchen, der Homofürst unter den Einwohnern des Klosters? Waisenschulenhauses? Besonders filigran. Er interessiert sich auch für das „Glasperlenspiel“, das wiederum eine Metapher für Dinge sein dürfte, die man in schwarzen Tüten aus sehr speziellen Läden trägt. In diesem „Spiel“ will er Meister werden. Aber er traut sich nicht so ganz.
Besonders interessant für Dingenskirchen ist ein besonders widerporstiger Klassenmitkameradenmensch, der sich der Autorität nicht unterwerfen will. Dieser Klassenmitkamerad wird zu seinem „besten Freund“ (#nohomo) und sie „disputieren recht fürstlich“, bis sein Klassenmitkamerad die Schule regulär verlassen muss, weil er nicht so ganz zur „geistigen Kaste“ passt. Hier sehe ich die Kritik an Bisexuellen.
Auf weiteren endlosen Seiten verlässt Dingenskirchen bald seine geschützte Welt, jedenfalls zum ersten Mal. Davor darf er seinen Klassenmitkamerad nicht besuchen, da dessen Vater, ganz dem Patriarchat verpflichtet, die andersartig ausgerichtete Beziehung zwischen beiden nicht akzeptieren kann. Oder die aus dem Kloster haben was dagegen, ist auch völlig Banane. Wenn man sich bei Tolkien nicht an Namen erinnert hat das was mit Quanität zu tun, hier spielt die Qualität die ausschlaggebende Rolle.
Dingenskirchen zieht durch die Welt und bereitet sich geistig auf seine „missionarisch-erziehende Pädagogik zukünftiger Generationen“ vor. Zwischendrin stellt sich heraus, dass Dingenskirchen besonders die „asiatische Metaphilosophie“ mag, wahrscheinlich aufgrund der eher kleiner ausfallenden anatomischen Ausprägungen derer „Philosophen“, die einfacher „zu studieren“ sind.
Ungefähr soweit kam ich. Danach versuchte ich mir im Alkoholrausch meine Augen auszukratzen und fiel ihn ein befreiendes Koma, bevor ich die harte Wahl treffen musste meinen Kopf in einen Müllzerkleinerer zu stecken, oder doch lieber mehrere Liter Bleiche zu trinken.
Mein Respekt geht an alle Forenmitglieder, die diesen Alptraum tatsächlich bis zum Ende lesen konnten.
Von mir persönlich gibt es die klare Empfehlung: Besser die Anzeigetafeln in Fürth ein tausendstes Mal lesen. Solltet ihr eine dieser New-Age-Gender haben, 50 Shades of Grey mögen, dann wäre es wahrscheinlich eine 10/10.
Bei diesem Text handelt es sich um eine bewusst völlig falsche Darstellung des mit Abstand langweiligsten Buches der Welt.