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Die Käferschlacht (Romanauszug)

[fN]Leichnam

Literatur-Forum
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„Ich fing es nicht. Sollte es doch die Freude haben, musste ich denken. Ihr wisst? Das Ding also voran und ich, gewollt und träge, trachtete nach ihm ohne Erfolg. Die dürren Beinchen, Meister. Und wie es hüpfte bei der Flucht. Gesungen hat es dazu. Geschrien! Voll Leben, voll Lust daran. Unwissend wie es war. Das Kind kam zur Ruhe und setzte sich in die Wiese. Die Beinchen hingestreckt, daneben die Hände im Gras.
‚Sonne!’ schrie es. ‚Ich will die Sonne sein!’
Ich setzte mich dazu und hatte meine Freude an dem Ding. Es kugelte sich fort und hinter meinen Rücken und um mich herum. Das kleine Nackte! Sprang auf und stürzte weiter, dass ich mich sputen musste. Ließ sich in die nächste Lichtung fallen und ich, Meister, tat es ihm gleich. Dort lagen wir lange. Die Erde war sehr warm, ihr wisst? Das Kind kratzte darin und hub ganze Mengen davon aus, um sich die nackte Haut damit vollzuschmieren. Ich tat es ihm gleich, ich, Meister. Es muss mir wie im Traume gewesen sein. Ich dachte, so muss es. Am Ende sahen wir aus wie die Finken. Und lachten. Und hielten uns. Wo noch Haut zu sehen war, da kam der andere und klebte braune Erde darüber. In die Gesichter, Meister. Wie die Erdmännchen selber waren wir. Ganz Erde geworden. Voll mit warmem Weltenfleisch, ihr wisst? Wie ich bereits erwähnte - lange Zeit über hatte uns die Lichtung. Das Kind ließ sich schmirgeln unterm Strahl, auf dass die Erde festbüke, doch bröckelte sie natürlich vor allem und als es das Ding merkte, da hatte es neue Beschäftigung und wischte und schnipste sich alles wieder von der Haut.

Oh, wie mir war! Jetzt machte sich die Kleine daran, Käfer einzufangen und in ihrer Hand tanzen zu lassen. Erst nur einen einzigen. Einen mächtigen Bock. Den griff sie sich aus dem Gras und setzte ihn in die gehöhlte Hand. Dort lief er dann im Kreise die Wändchen hoch und sie drehte und schaukelte sein Verlies und wenn er auszubrechen drohte, gab sie ihm mit dem Finger einen Stoß. Ihr Gesicht, Meister. Man hätte einen Kundigen rufen sollen, um es doch zu malen und zu halten. Der Käfer bekam das Grausen und machte ihr vor Angst in die Hand. Oh, sie war ihm nicht böse. Sie verstand schon. Weil sie doch aber so viel Freude an ihm hatte, wollte sie ihn noch nicht freigeben und nahm stattdessen einen zweiten aus der Wiese und schmiss ihn mit dazu. Die Käferchen waren sich zunächst egal. Aber der zweite beruhigte den ersten ersichtlich, denn sie hockten jetzt ein jeder in seiner Ecke ganz ruhig in der Hand des Mädchens. Wie die Faustkämpfer vor dem Scharmützel, Meister. Denn hört, was die Kleine mit ihnen im Schilde führte. Sie schickte mich an, ein Blättchen aufzusuchen. Und zwar ein toll verlaustes! Ihr wisst? Nun, das Vorhaben interessierte mich nun auch und ich lief in die Büsche, eines zu holen. Ich fand einen ganzen Strunk Marmorgras, der sich unter dem Joch der Läuse kaum noch erkennen ließ. Den brachte ich zu ihr! Sie hielt die Höhle fest geschlossen und begutachtete das Zeug, ließ sich geduldig von mir auch einiges erklären. Dann aber hielt sie es nicht aus und rupfte eine reiche Läusekolonie vom Strunk. Sie tat das Blättchen in die Hand und stierte, was geschehen möge. Die dummen Käfer hockten da noch unbewegt. Aber! Wie auf Kommando rannten sie dann los. Das Gewühl der Beine, Meister! Und jeder fraß sich Läuse vom Blatt bis sie sich dann etwa bei der Mitte trafen. Und jetzt! Ihr wisst? Begann die Keilerei! Die öden Käfer zerrten einander an den Beinchen und schnappten und wühlten! Dazwischen rannten Läuse und die Kleine jauchzte dazu. Wie in Rom, Meister! Die Kleine hatte sich ihr eigenes Kolosseum geschaffen. Am Ende unterlag der zweite Käfer und zuckte angefressen in einer Ecke der Hand. Der erste, freilich, bekam den Rest der Läuse zu fassen.

'Zur Belohnung!' lobte das Mädchen und hob den nächsten Käferkrieger in den Ring. Oh, ein krankes Tier war das. Der konnte nicht richtig rennen, geschweige denn fressen. Der war rasch am Ende. Das wurde der Kleinen fad und sie gab neue Läuse dazu und eine ganze Schwadron frischer, gesunder Käferkrieger. Eine feine Schlacht, Meister! Der erste der Käfer, ihr heimlicher Liebling und Veteran, der war ein Wüstling und mordete gleich drei am Stück. Das merkten die anderen wohl und schufen eine Allianz gegen ihn. Der Rest der Horde stürzte sich jetzt im Verbund auf das Tier. Er biss noch einem in den Kopf, verjagte die feigen unter den Angreifern, erlag aber am Ende der großen Übermacht. Da war die Kleine höchst betroffen und baute mit der freien Hand ein kleines Käfergrab, während in der Arenahand die Kämpfe jeder gegen jeden fortgeführt wurden. Sie hob die Leiche aus dem Ring und verschacherte den Urkäfer im Dreck. Oh, sie war böse auf das Pack! Und schickte mich, ein Spinnentier zu holen. Ich tat wie mir geheißen und holte ein widriges Vieh von Spinne herbei. Sie riss es mir aus den Händen und setzte es in die Arena. Meister! Ein Grauen! Die Spinne zerriss die Horden in kürzester Zeit, aber sie konnte natürlich nicht alle auffressen! Und doch ließ sie nicht einen am Leben, so dass die Hand jetzt förmlich überquoll von totem Käfergetier. Das widerte das Mädchen an und sie schüttete die ganze, kleine Kampfstatt in die Wiese. Sie war jetzt satt von der Gewalt und verlangte nach Schönem. Und weil sie unter meiner Obhut war und ich nichts anderes wusste, zeigte ich ihr die Grundpfeiler der Enklave: Die Zimmerleute, die Brotbauern, die Ärzte.“
 
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